Da du sehr detailliert auf meinen Beitrag eingegangen bist, möchte ich mich auch nochmals melden. Aber erstmal Danke für die Kommentare.
Zum Thema Freibetrag: Ich stand noch während meines Studiums vor der Situation, dass mein Opa mir ein Mietshaus vererbt hat. War damals aus steuerlicher Sicht nicht besonders schlau von ihm, aber so hatte er es eben im Testament vorgesehen.
Mein Freibetrag lag bei 200.000 EUR und der Wert der Immo wurde auf ca. 1.3m EUR geschätzt. Am Ende ergab sich für mich eine Erbschaftssteuerzahlung i.H.v. 180k EUR und ein Steuersatz von 19%.
Um das Erbe überhaupt annehmen zu können, musste ich mich als Student erstmal mit knapp 200k verschulden um die Kosten für den Steuerberater, Anwalt und die Erbschaft zu bezahlen.
Wenn man bedenkt, dass mein Opa dieses Haus von seinem Nettogehalt erbaut und jede Mieteinnahme zusätzlich versteuert hat, empfinde ich das schon als große Ungerechtigkeit in unserem Steuersystem. Nochmals 180k von mir zu verlangen für einen Wert, den mein Großvater aus seinem Nettovermögen generiert hat, erschließt sich mir nicht.
Da auch mein Vater als Unternehmer in den letzten Jahren relativ erfolgreich ist, baut er jetzt schon ein Konstrukt mit einer Stiftung im Ausland auf, um die Erbschaftssteuer zu minimieren und Vermögensanteile früh an mich zu übertragen. Und jetzt kommt der Punkt, den ich persönlich schade finde, denn v.a. wohlhabende Leute bzw. Leute mit entsprechenden Vermögen können sich Konstrukte zur Vermeidung der Erbschaftssteuer schaffen und am Ende tragen die "kleinen Erben" aus meiner Sicht die größte Last, da diese einfach belangt werden können.
Dass die Freibeträge seit Jahren nicht angepasst worden sind, aber die Preise an Kapitalmärkten und für Immobilien explodieren, ist ein weiteres Problem, was gekonnt ignoriert wird von der Regierung. Ansonsten würde man ja direkt die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer schmälern.
know-it-all schrieb am 23.08.2022:
Die Frage ist sehr vielschichtig und ich denke, dass es immer unterschiedliche Lager geben wird.
Ich bin nicht grundsätzlich gegen eine Versteuerung von Erbschaften, aber aus meiner Sicht sind
- die Freibeträge viel zu niedrig und
- der Steuersatz für die Erbschaftssteuer viel zu hoch.
Ich gebe dir insofern recht, als dass die Eckwerte für Berechnung von Steuern (seien es Freibeträge für Schenkungen/Erbschaften oder auch die Eckpunkte im Einkommensteuertarif) einer automatischen Anpassung an die Lohn- oder Preisentwicklung unterliegen sollten, so dass diese jährlich aktualisiert werden, ohne, dass man dafür extra erst ein Gesetz beschließen muss.
Inwiefern der Steuersatz für die Erbschaftssteuer zu hoch ist, solltest du mal erklären. Die Steuersätze sind ja gestaffelt nach Wert (oberhalb der Freibeträge) und nach dem Verwandschaftsgrad. Unten vergleichst du ja mit der Abgeltungssteuer, aber tatsächlich werden Erbschaften an Ehepartner oder Kinder bis 13 Mio € mit einem geringeren Steuersatz als 25% versteuert.
Oft ist man bereits durch das Erbe einer Immobilie zum Verkauf gezwungen, da man die horrende Erbschaftssteuer nicht oder nur per Kredit bezahlen kann. 400k EUR als Freigrenze alle 10 Jahre finde ich bei den aktuellen Immopreisen viel zu niedrig.
Das ist schon einmal ziemlich falsch. Bei den 400.000 EUR - in diesem Falle für Schenkung/Vererebung an die eigenen Kinder - handelt es sich um einen Freibetrag, keine Freigrenze (!). Das heißt unabhängig vom Wert der Immobilie werden die "unteren" 400.000 EUR nicht besteuert. Darüberhinaus ist der Steuersatz gestaffelt, beginnend bei 7%. Da es zudem ja auch legale Möglichkeiten gibt, einen "niedrigen" Wert für eine Immobilie anzusetzen, dürfte also ein nicht unerheblicher Teil der in Deutschland an Kinder vererbten/geschenkten Immobilien von Erbschaftssteuer verschont bleiben.
Aber selbst für ein Objekt mit einem Wert von 1 Mio € dürften hier (Abzug Freibetrag = 600.000€ x Steuersatz 15%) "nur" 90.000€ Erbschaftssteuer anfallen. Ich könnte nun auch provokant entgegnen, dass man sich Eigentum auch leisten können muss. Jedenfalls finde ich diesen Steuerbetrag für einen sonst "leistungslos" zugegangenen Vermögenswert alles aber nicht "horrend".
Und eine gewisse Mehrfachbesteuerung liegt in meinen Augen schon vor und es führt oft dazu, dass Vermögen anderweitig übertragen werden. Umso mehr Vermögen, umso kreativer die Erbschaft. Ich wäre für eine pauschale Versteuerung ähnlich der Abgeltungssteuer für Erbschaften über einem gewissen Freibetrag.
Was verstehst du unter "pauschale" Versteuerung? Der Steuersatz für Erbschaften ist zwar gestaffelt, aber nicht an deinen individuellen Steuersatz gebunden. Insofern könnte man auch hier von einer pauschalen Steuer sprechen. Natürlich könntest du einen pauschalen Einheitssteuersatz festlegen, der für das gesamte Erbe gilt. Aber das würde vermutlich dazu führen, dass für kleinere vererbte/verschenkte Vermögen ein höherer Steuersatz gelten würde als bspw. bislang der niedrigste Satz von 7% bis 75.000€ bei Übertragung an die Kinder.
Und Freibeträge - abhängig vom Verwandschaftsgrad - gibt es auch bereits. Also wo ist die wirkliche Neuerung in deinem Vorschlag im Vergleich mit der aktuellen Regelung?
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